Aichern, Maximilian FÜR EIN NEUES MITEINANDER WORTE BEI DER GEDENKKUNDGEBUNG ZUR „REICHSKRISTALLNACHT

“ AM JÜDISCHEN FRIEDHOF IN STEYR AM 8.11.2007
steyr_aichern07.jp

Geschätzer Herr Bürgermeister und geschätzte Mitglieder des Gemeinderates!
Geschätzter Herr Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde!
Liebe Vertreter der christlichen Kirchen!
Liebe Schwestern und Brüder, besonders liebe junge Menschen!
Die Gedenkkundgebung anlässlich der sogenannten „Reichskristallnacht“ ist hier in Steyr bereits zu einer guten Tradition geworden. Der jüdische Friedhof und Gedenktafeln in der Eisenstadt erinnern an die gewaltsam ausgelöschte jüdische Tradition in Steyr und das Leid der jüdischen Mitbürger in der NS-Zeit.
 
Wie eindrucksvoll in dem Buch „Vergessene Spuren“ von Waltraud Neuhauser-Pfeiffer und Karl Ramsmaier dokumentiert ist, gab es bereits im 14. Jahrhundert jüdische Mitbürger in Steyr. Sie haben viel Positives für die Stadt geleistet, mussten aber immer wieder auch Verfolgung und Benachteiligung erleiden. Das Ärgste war sicherlich die NS-Zeit von 1938 bis 1945, die in der „Reichskristallnacht“ einen ersten Höhepunkt erreichte. Es folgten Vertreibungen, Konzentrationslager – in Münichholz war ein Außenlager von Mauthausen – heute unvorstellbare Unmenschlichkeiten wie zum Beispiel der Todesmarsch der Juden im Jahr 1945, von dem auch das Ennstal und Steyr betroffen waren.
Es ist das große Verdienst des Mauthausen-Komitees Steyr, dass diese Gräueltaten nicht unter den Teppich gekehrt werden.
 
Erinnerungsstätten wie der jüdische Friedhof sind ein Beitrag zur Aufarbeitung der Vergangenheit, Mahnmale für eine neue, rassen- und völkerverbindende Gesinnung, für Versöhnung und Aufeinander-Zugehen. Ich danke dem Mauthausen Komitee Steyr, besonders Herrn Mag. Karl Ramsmaier, und den Komitees in den Bezirksstädten, für ihren großen Einsatz. Ohne Erinnerung und Aufarbeitung sind ein neues Verständnis und ein neues Miteinander in der Welt, auch zwischen Juden und Christen, nicht möglich.
Wir wissen uns vereint in der Aufgabe, der heutigen Welt die Gegenwart des Göttlichen zu verkünden und vorzuleben, für die Würde des Menschen einzutreten und alles zu tun, dass Ereignisse wie jene während der NS-Zeit, nicht mehr möglich werden.Gedenkkundgebungen, die Renovierung des jüdischen Friedhofs in Steyr unter große Mithilfe der Jugend und vor allem des leider schon verstorbenen Zeitzeugen der NS-Zeit Friedrich Uprimny, sind ein Zeichen unserer Verurteilung der schrecklichen Ereignisse vor fast sieben Jahrzehnten, aber auch ein Zeichen unseres Einbekennens von Mitschuld und ein Ausdruck des Willens, für ein neues Verständnis und ein neues Miteinander zwischen Juden und Christen zu sorgen.
Die Österreichische Katholische Bischofskonferenz tagt derzeit im Land, wo Jesus lebte und wirkte, in Palästina im Staate Israel. Es ist ihr ein Anliegen, die Christen in Palästina zu besuchen und sie für ihr Leben und ihr Zeugnis unter schwierigen Umständen zu ermutigen und zu bedanken. Auch die Stadt Steyr ist mit der Stadt Betlehem als Partnerstadt verbunden. Der Koordinierungsausschuss für jüdisch-christliche Zusammenarbeit in Österreich tut das Seinige mit Unterstützung der Bischofskonferenz und vieler Interessierter, um das gegenseitige Verständnis im Heute zu fördern.
 
Tun auch wir das Unsrige, damit der Mensch dem Menschen nicht wieder zum Wolf werde, sondern dass wir in Solidarität und für die Menschenwürde handeln und zusammenstehen. Gedenken wir der hier ruhenden mit Namen Bekannten und noch mehr Unbekannten, die in Steyr gelebt haben und die hier und in der Umgebung gelitten haben, dass unser Gott, der Juden, Christen und Muslimen gemeinsam ist, ihnen die Vollendung bei ihm und den Frieden schenke.

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