Superintendent i.R. Pastor Lothar Pöll 5.12.1951 - 16.9.2020

Nachruf
Wenn etwas von uns fortgenommen wird ...
Denn wenn etwas uns fortgenommen wird, womit wir tief und wunderbar zusammenhängen, so ist viel von uns selber mit fortgenommen. Gott aber will, dass wir uns wiederfinden, reicher um alles Verlorene und vermehrt um jeden unendlichen Schmerz.
(Rainer Maria Rilke)

Kennengelernt habe ich Lothar Pöll, als mir als Krankenhauspfarrerin die Aufgabe gestellt wurde, in einem Team von ganz unterschiedlichen Beteiligten aus Kirche, Medizin und Selbsthilfegruppen einen ökumenischen Dankgottesdienst für Organ-transplantierte Menschen und ihre Angehörigen vorzubereiten und zu gestalten. Die Herausforderung einer angemessenen liturgische Gestaltung war groß, in der Betroffene, aber auch Angehörige und Trauernde zu Wort kommen sollten, in der sich Medizin, Nachsorge, aber auch die Dynamiken der unterschiedlichen Selbsthilfegruppen und schließlich auch die Krankenhausseelsorge einbringen wollten.
Ich bat damals Lothar Pöll, sich als Pastor der Methodistischen Kirche in dieser Ökumene zu beteiligen, denn ich empfand meine Erfahrung als zu gering, meine Rolle als Seelsorgerin ohne Auftrag auf den Transplant-Stationen zu unklar. Er bat um Bedenkzeit und entschied sich gegen eine „professionelle“ Teilnahme als Pastor. Ohne seine Frau Helga, die ihm ihre Niere gespendet hatte, wäre er nicht mehr am Leben. Deshalb wäre es für ihn falsch, nun nur aufgrund seiner Funktion als Pastor ohne sie in der Reihe der Gottesdienstleitenden zu stehen. Beide aber wollten sich nicht mit ihrer persönlichen Entscheidungsgeschichte exponieren, denn diese sei individuell zu sehen und sie wollten niemanden zu ähnlicher Bereitschaft drängen oder beschämen, es nicht getan zu haben.
Lothar und Helga Pöll nahmen an allen TRANSPLANT-Gottesdiensten teil und haben mich über all die Jahre, in denen diese Gottesdienste ökumenisch stattfanden, immer wieder gestärkt und motiviert, als Evangelische Seelsorgerin dabei zu sein.
Diese Begegnung ist glaube ich, charakteristisch für Lothar Pöll: Er hat aus seiner Krankheit kein großes Thema gemacht, sondern war bedacht, besonnen, unaufgeregt und hat das Notwendige gesehen und getan. Er war ein „Ihr-Gegenüber“ für Helga Pöll, seine Frau. In der Begegnung mit ihm bekam Gottes Menschenfreundlichkeit ein Gesicht. Unter seiner Zeit als Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen erhielt der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit seinen Status als Beobachter in diesem Gremium. Eine ganz wichtige Integration, denn seit dieser Zeit werden die Anliegen des Christlich-jüdischen Gespräches in der großen Ökumene in Österreich verlässlich gehört.
Liebe Helga, Dir und Deiner Familie gilt unsere Anteilnahme und auch unseren Geschwistern in der evangelisch-methodistischen Kirche.
Pfarrerin Dr. Margit Leuthold, für den Vorstand des Koordinierungsausschusses für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit

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